SIEBZIG JAHRE SEIT DEM AUFSTAND DER DEUTSCHEN ARBEITER GEGEN DEN STAATSKAPITALISMUS

Wir bedanken uns bei den Redakteuren des Blogs arbeitstemmen für die Übersetzung unseres Artikels ins Deutsche, auch wenn sie den Inhalt nur teilweise teilen.
Wir teilen auf dem Blog einen Artikel von uns, der in der Ausgabe 112 der Prospettiva Marxista veröffentlicht wurde

Am 17. Juni 1953, vor siebzig Jahren, brach der Arbeiteraufstand in Ost-Berlin aus, und, um ehrlich zu sein, ist das Schweigen der “Linken” zu diesem Jahrestag ein wenig überraschend.
Damit meinen wir natürlich nicht die wenigen nekrophilen Fliegen des Stalinismus und Maoismus, die sich weiterhin an dem inzwischen verrotteten Kadaver des “führenden Staates des Sozialismus” laben und immer noch von einer “faschistischen Provokation” schwirren. Von ihnen ist Schweigen mehr als willkommen.
Die Ratlosigkeit konzentriert sich auf andere politische Subjektivitäten, die sich auf Marxismus, Kommunismus, proletarischen Internationalismus beziehen. Es ist verständlich, dass einige dieser Akronyme – die manchmal hochtrabende Namen tragen und dazu neigen, sich als “alleinige Bewahrer” des revolutionären Internationalismus zu bezeichnen – zögern, ein solch heikles Thema anzugehen, während sie vielleicht mit den Erben desselben “Feindes” zusammenarbeiten, mit dem sie angeblich “abgerechnet” haben. Verstehen ist jedoch keine Rechtfertigung.
Für andere also, die bereit sind, die Arbeiter zu loben, egal was sie tun, aber vorzugsweise dann, wenn sie von verkommenen Bourgeoisien in vermeintliche “nationale Befreiungskämpfe” – echte imperialistische Kriege – hineingezogen werden, ist der Aufstand der Arbeiter in Ost-Berlin, der sich gewaltsam, wenn auch unbewaffnet, gegen die eigene Bourgeoisie und den eigenen kapitalistischen Staat und nicht gegen eine fremde imperialistische Macht richtete, wahrscheinlich ein peinliches Nicht-Ereignis.
Angesichts dieses Vakuums wird eine zusammenfassende Rekonstruktion der Ereignisse vom Juni ’53 für bewusste Arbeiter nicht nutzlos sein.
Im Februar jenes Jahres befasste sich die Regierung der Deutschen Demokratischen Republik unter der Führung der deutschen Stalinisten Otto Grotewohl und Walter Ulbricht mit der Notwendigkeit, in Ostdeutschland den “Sozialismus aufzubauen”, d. h. dem deutschen Proletariat den Mehrwert zu entziehen und die äußerst imperialistischen Forderungen nach Kriegsreparationen aus dem “sozialistischen Russland” zu erfüllen.

Mit diesem noblen Ziel werden die Produktionsquoten für die Arbeiter erhöht, auf deren Grundlage “Prämien” berechnet werden, die angesichts der sehr niedrigen Grundlöhne notwendig sind, um das Existenzminimum zu übertreffen. Da Rohstoffversorgungsschwierigkeiten in der Industrie zu Verlangsamungen und Unterbrechungen der Produktion führen, sind Produktivitätssteigerungen kaum möglich, so dass die Erhöhung der Quoten um 10 % nur ein Mittel ist, um die ohnehin schon mageren Löhne zu senken, ohne dass die “Prämien” diese angemessen ergänzen können. Mit der Einführung der neuen Regelung wäre der Lohn eines Arbeiters von 20-24 Mark auf nur noch 13-16 Mark pro Tag gesunken.
Zu dieser schamlosen arbeiterfeindlichen Politik der “Arbeiterregierung” gesellte sich im April die Erhöhung der Preise für Grundnahrungsmittel wie Fleisch und Zucker sowie die Abschaffung der Ermäßigung für die Fahrkarten der öffentlichen Verkehrsmittel.
Von der UdSSR zur Ordnung gerufen und besorgt über das allgemeine Scheitern der ostdeutschen Wirtschaftspolitik und ihre möglichen sozialen Folgen, die die russische Kontrolle über Ostdeutschland hätten erschweren können, nehmen die SED-Häuptlinge im Mai die Preiserhöhungen zurück, führen die Lebensmittelkarten für die Selbständigen wieder ein, die Rückgabe von Industrie- und Gewerbebetrieben an ihre früheren Eigentümer, die wegen Steuervergehen enteignet worden waren, die Rückgabe von Land an reiche Bauern, denen es entzogen worden war, oder deren Entschädigung, die Rückgabe von Eigentum an die verschiedenen Religionsgemeinschaften, die Vergabe von Staatskrediten an private Unternehmen.
Und für die Arbeiter? Die Arbeiter müssen sich mit der Wiedereinführung der Flaute bei den Kosten für öffentliche Verkehrsmittel abfinden, während die Erhöhung der Produktionsquoten nicht im Geringsten beeinträchtigt wird. Als Reaktion darauf kommt es noch im selben Monat zu Streiks in Eisleben, Chemnitz-Borna, Finsterwalde, Fürstenwalde und anderen Städten.

Am 16. April 1953 wurde im Kraftwerk Zeitz bei Halle eine Versammlung aller Werksangehörigen organisiert, um über die Aufhebung des Prämiensystems zu diskutieren. Nach einem Bericht in einer lokalen Zeitung “stand ein Arbeiter namens Walter auf und sagte: ‘Genossen, was jetzt geschieht, ist für die Arbeiterklasse absolut erniedrigend. Karl Marx ist seit 70 Jahren tot, und wir diskutieren hier immer noch über unsere elementarsten Bedürfnisse…”.[1]
Am 12. Juni werden die streikenden Tischler in der C-sud-Werkstatt in der Stalinallee von Parteifunktionären und Gewerkschaftsbonzen angefeindet, die ihnen “erklären”, dass es keinen Sinn hat, “in einer Fabrik zu streiken, die dem Volk gehört, die euer Eigentum ist. Wenn ihr streikt, dann streikt ihr gegen euch selbst”. Ein Arbeiter antwortet: “Wir streiken nicht zum Spaß und wir wissen genau, was ihr tut”.[2]

Am 15. Juni traten alle Bauarbeiter der Stalinallee in den Streik, um die Aufhebung der Produktionsquoten zu fordern, und formulierten über von den Arbeitern gewählte Streikausschüsse ihre Forderungen in einem Schreiben an Otto Grotewohl. Ähnliche Ausschüsse wurden in der Kabelfabrik im Bezirk Köpenick und in der Region Leipzig gebildet.
Am 16. Juni 1953, nachdem die Regimegewerkschaft FDGB geantwortet hat, dass die Quotenerhöhung nicht zurückgenommen werden kann, marschieren die Bauarbeiter durch die Straßen Berlins zum Regierungssitz der DDR. Bauarbeiter aus der gesamten Stalinallee schließen sich dem Zug an, der vor dem Regierungsgebäude auf rund 700 Demonstranten anschwillt. Fritz Selbmann, Minister für Schwerindustrie, versucht zu den Arbeitern zu sprechen und beginnt: “Liebe Kollegen…” Er wird sofort von den Arbeitern unterbrochen, die ihn anschreien: “Sie sind nicht unser Kollege, Sie sind ein Scheißkerl und ein Verräter”. Seine Ankündigung, die Erhöhung der Produktionsquote aufzuheben, wird kaum gehört. Für halbe Sachen ist es jetzt zu spät.[3]

Die Nachricht von einem Generalstreik, der für den nächsten Tag ausgerufen werden soll, beginnt in der Menge zu zirkulieren. Tausende von jungen Leuten schließen sich den Arbeitern an, die durch das Zentrum zurück zur Stalinallee gehen, als ein Auto mit einem Lautsprecher den Generalstreik und eine Demonstration um 7 Uhr morgens am Strausberger Platz verkündet.

Eine Delegation von Arbeitern geht zum RIAS, dem amerikanischen Radiosender in West-Berlin, und bittet darum, die Forderungen der Arbeiter und den Aufruf zum Generalstreik zu senden. Der Sender erklärt sich bereit, die Forderungen der Arbeiter im ganzen Land zu senden: Anhebung der Löhne auf das Niveau vor der Anhebung der Produktionsquoten, sofortige Senkung der Preise für lebensnotwendige Güter, Immunität für die Demonstranten und ihre Vertreter, wobei er sich jedoch hütet, den Aufruf zum Streik zu senden.
Um 5.36 Uhr am Morgen des 17. Juni sendet der Rundfunk eine Solidaritätsbotschaft mit den Bürgern Ost-Berlins von Ernst Scharnowski, dem Vorsitzenden des Berliner Landesverbandes des Deutschen Gewerkschaftsbundes, der größten westdeutschen Gewerkschaft, wiederum ohne jeden Hinweis auf den Generalstreik, der von den westalliierten Behörden ebenso wie in der DDR verboten war.
Neben den wirtschaftlichen Forderungen wurden auf der Demonstration auch politische Forderungen laut: Rücktritt der Regierung, freie Wahlen, Wiedervereinigung Deutschlands. Um 7.45 Uhr versucht die berüchtigte Volkspolizei vergeblich, den Platz zu räumen. Die Masse der Demonstranten bewegt sich daraufhin in Richtung Leipziger Straße, in Richtung Regierungsgebäude. In der Zwischenzeit folgen Streiks, Demonstrationen, Fabrikbesetzungen aufeinander und wechseln sich ab. Arbeiterinnen und Arbeiter ziehen in Prozessionen zu den Fabriken und überzeugen die Zögerlichen, sich dem Streik und der Demonstration anzuschließen.

Am Brandenburger Tor und am Alexanderplatz bilden sich neue Konzentrationen. Um 8 Uhr morgens befinden sich etwa 10.000 Demonstranten in der Berliner Innenstadt. Die DDR-Regierung bezeichnet die Demonstranten als “faschistische Provokateure aus dem Westsektor”. Es kommt zu Zusammenstößen mit der Volkspolizei, wobei mehrere SED-Funktionäre erkannt und verprügelt werden, die rufen: “Wir sind die wahren Kommunisten!

Die von SED-Mitgliedern sorgfältig geräumte Regierungszentrale wird besetzt und verwüstet, während andere Demonstranten Polizei- und Stasi-Fahrzeuge angreifen und Kontrollpunkte an der West-Berliner Grenze in Brand setzen. Auf den Straßen und in der Parteizentrale werden die Porträts von Stalin und Ulbricht heruntergerissen, während die von Marx unangetastet bleiben.[1]


Zu diesem Zeitpunkt rückt die russische Armee ins Feld. Um 11 Uhr wird der öffentliche Verkehr unterbrochen, um zu verhindern, dass weitere Demonstranten aus den Vororten und dem Umland das Stadtzentrum erreichen. Um 11.30 Uhr tauchen die ersten Panzer auf der Leipziger Straße und dem Potsdamer Platz auf und eröffnen das Feuer auf die Menge, wobei es Tote und Verletzte gibt. Um 13.00 Uhr vertreiben russische Truppen die Demonstranten aus dem Regierungsgebäude und verhängen den Ausnahmezustand über Ost-Berlin.

Um 14.30 Uhr treffen die Russen am Brandenburger Tor ein, wo sie erneut das Feuer auf die wehrlose Menge eröffnen. In der Zwischenzeit fordert der RIAS die Demonstranten auf, Zusammenstöße mit den sowjetischen Truppen zu vermeiden, während die alliierten Truppen und die Polizei des Westsektors die Grenze im Stadtzentrum schließen, um zu verhindern, dass sich die Westberliner Arbeiter an den Zusammenstößen beteiligen. Es ist nicht an den Arbeitern, sich von ihrer Unterdrückung zu befreien.

In denselben Stunden breitet sich die Bewegung auf den Rest Ostdeutschlands aus.
Auch in Leipzig gesellen sich zu wirtschaftlichen Forderungen wie der Abschaffung der “Prämien” und einer Erhöhung der Grundlöhne um 30 % politische Forderungen wie der Rücktritt der Regierung und freie Wahlen in einem wiedervereinigten Deutschland.
In Niedersedlitz, einem Vorort von Dresden, streiken am 17. Juni zunächst die Arbeiter des VEB Kombinat Elektromaschinenbau, die in einer gemeinsamen Versammlung mit den Arbeitern des benachbarten VEB Sächsischer Brücken- und Stahlhochbau ein Streikkomitee unter Leitung des in Ungnade gefallenen ehemaligen kommunistischen Ortsgruppenleiters Wilhelm Grothaus wählen. Die Versammlung fordert den Rücktritt der Regierung, freie Wahlen, die Freilassung der politischen Gefangenen und eine Preissenkung in den staatlichen Lagern.

Am Nachmittag desselben Tages treffen in Jena 200/300 zum Teil bewaffnete Bergarbeiter mit Lastwagen und Bussen in der Stadt ein und versuchen, die Zentralen der stalinistischen Organisationen und der Stasi zu stürmen.
In Wolfen brechen ebenfalls am 17. Juni in den frühen Morgenstunden Hunderte von Arbeitern in einem Zug von der örtlichen Färberei auf, schließen sich Tausenden von anderen Arbeitern an, die sich in der Agfa-Fabrik versammelt haben, und ziehen zum Elektrochemischen Kombinat in Bitterfeld, wo eine Versammlung stattfindet. Am Nachmittag fordert das Bitterfelder Streikkomitee in einem Telegramm an die DDR-Regierung die “Bildung einer aus revolutionären Arbeitern zusammengesetzten provisorischen Regierung”.[5]

In Halle setzt sich ein Demonstrationszug von etwa 2.000 Arbeitern des VEB Waggonbau Ammendorf vom Stadtteil Ammendorf in Richtung Innenstadt in Bewegung. Unterwegs schließen sich weitere Arbeiter der Demonstration an.
Am Abend des 18. Juni besetzen 800 “Volkspolizisten” militärisch die Zechen Zwickau und Delsnitz und stehen 15.000 Bergleuten gegenüber, die die Freilassung ihrer verhafteten Kameraden fordern. In den Leuna-Werken stellten sich 300 Polizisten auf die Seite der Arbeiter, während die russische Infanterie das Feuer auf die besetzten Fabrikgebäude eröffnete. Am selben Tag bricht im Bergbaugebiet Erzgebirge ein Aufstand aus. 80.000 Bergleute streiken, gehen auf die Straße und stürmen die Betriebsgebäude. In Johanngeorgenstadt, Marienberg, Eibenstock, Falkenstein und Oberschlema [6] kommt es zu heftigen Straßenschlachten mit der Polizei und schwer bewaffneten russischen Truppen.
Am folgenden Tag beteiligen sich rund 110.000 Menschen an den Streiks und Demonstrationen in der gesamten Bergbauregion. Mindestens 65 Urangruben werden sabotiert, indem sie gesprengt oder geflutet werden. Die Russen sind in diesem Gebiet gezwungen, größere Truppen einzusetzen als 1945 bei der Eroberung Berlins. Trotz Verhaftungen und Erschießungen geht der Aufstand weiter. Als die Belagerung durch die russischen Truppen am 21. Juni an Intensität zunimmt, lynchen Arbeiter einige Polizisten. Nach tagelangen heftigen Kämpfen erlangen die russischen Truppen die Kontrolle zurück.[7]

Schätzungen zufolge beteiligten sich an den Aufständen in Ostdeutschland zwischen 500.000 und einer Million Menschen in Hunderten von Städten, Gemeinden und Dörfern. Außerhalb Berlins dauerte die Bewegung auch nach dem Eingreifen der russischen Armee länger an, so dass die Streiks in einigen Gebieten bis zum 21. Juni andauerten.
Es gab 52 Opfer der Repression, darunter vier Frauen. Etwa 14.000 Menschen wurden verhaftet, 7 Demonstranten vor Gericht gestellt und zum Tode und 42 zu lebenslanger Haft durch die russischen Militärgerichte und die DDR-Zivilgerichte Ebert-Grotewohl und Noske-Ulbricht verurteilt. Aus der anonymen Masse der Randalierer tauchen die Namen von Proletariern auf, die im Kampf gegen den Staatskapitalismus gefallen sind:
Horst Bernhagen, 21, Fernmeldetechniker
Edgar Krawetzke, 20 Jahre, arbeitslos
Werner Sendsitzky, 16 Jahre, Verkäufer
Gerhard Schulze, 41 Jahre alt, arbeitslos
Gerhard Santura, 19 Jahre, Elektriker
Willi Göttling, 35 Jahre, arbeitslos
Erich Nast, 40 Jahre alt, Gärtner
Richard Kugler, 25 Jahre, Auszubildender zum Dachdecker
Kurt Heinrich, 44 Jahre alt, Arbeiter
Hans Rudeck, 52 Jahre, Bauarbeiter
Kurt Crato, 42 Jahre, Tischler
Manfred Stoye, 21 Jahre, Kesselschmied
Rudolf Krause, 23 Jahre, Funktechniker
Horst Keil, 18 Jahre, Malerlehrling
Margot Hirsch, 19 Jahre, Verkäuferin
Hermann Stieler, 33, Tischler
Paul Othma, 63 Jahre, Elektriker
Kurt Arndt, 38 Jahre alt, Bergmann
Erich Langlitz, 51 Jahre, Lkw-Fahrer
August Hanke, 52 Jahre, Arbeiter
Kurt Fritsch, 47 Jahre, Arbeiter
Horst Pritz, 17 Jahre, Dreher
Alfred Dartsch, 42 Jahre, Maler
Ernst Jennrich, 42 Jahre, Gärtner
Alfred Diener, 26 Jahre, Mechaniker
Alfred Walter, 33 Jahre alt, Bäcker
Horst Walde, 27 Jahre, Arbeiter
Dieter Teich, 19 Jahre alt, Arbeiter
Paul Ochsenbauer, 15 Jahre, Schmiedelehrling
Herbert Kaiser, 40 Jahre, Arbeiter
Gerhard Dubielzig, 19 Jahre, Arbeiter
Joachim Bauer, 20 Jahre, Maurer
Hinzu kommt eine unbestimmte Zahl anonymer russischer Soldaten (zwischen 18 und 41 Jahren), die wegen Befehlsverweigerung und Solidarität mit den kämpfenden deutschen Arbeitern erschossen wurden.
Der Berliner Arbeiteraufstand war eine heroische und tragische Episode, die den wahren Charakter des “Sozialismus”, der am Ende des Zweiten Weltkriegs mit den russischen Bajonetten nach Mittel- und Osteuropa exportiert wurde, konkret deutlich machte. Der wirtschaftliche Kampf der Arbeiter gegen die Lohn Druckerei, der sich im Laufe eines entscheidenden Tages in einen politischen Kampf gegen den Staat verwandelte, riss dem falschen Sozialismus sowjetischer Prägung den Schleier vom Leib und enthüllte in seinem arbeiterfeindlichen Wesen die abstoßenden Züge des Staatskapitalismus.
Es handelte sich in jeder Hinsicht um einen spontanen Arbeiterkampf, der durch einen Generalstreik die Schwelle zur Schaffung proletarischer Selbstverwaltungsorgane erreichte. Die brutale Unterdrückung der Demonstrationen durch die DDR-Regierung und die militärische Intervention russischer Truppen auf dem Territorium der DDR offenbaren nichts anderes als das dringende Bedürfnis des ostdeutschen Staatskapitalismus und des “sowjetischen” Imperialismus, den unerbittlichen anklagenden Finger seiner ostdeutschen Abteilung schnell vor den Augen der Arbeiterklasse der Welt zu verbergen.
Stalinistische Parteien in aller Welt beeilten sich, die These von der “Westverschwörung” zu unterstützen und verleumdeten die Berliner Arbeiter als “faschistische Provokateure” aus dem Westen, “Ex-Nazis”, Reaktionäre und “Antikommunisten”. Dass eine marginale Minderheit der Demonstranten nationalistische oder nationalsozialistische Sympathien hatte, ist kaum verwunderlich, wenn man bedenkt, dass das Dritte Reich erst seit acht Jahren gestürzt war und dass an den Demonstrationen auch einige ehemalige Bürgerliche teilnahmen, die durch das Ende des Regimes ruiniert waren; allerdings stellte sich heraus, dass nur etwa 10 % der Demonstranten, die in Prozessen nach dem Ende des Aufstands verurteilt wurden, Mitglieder von NS-Massenorganisationen waren.[8] Tatsächlich waren ein Drittel der vielen Parteimitglieder, die wegen ihrer Teilnahme an den Aufständen ausgeschlossen wurden, ehemalige KPD-Kämpfer aus der Vorkriegszeit.
Andererseits steht heute fest, dass unter den Demonstranten prozentual und absolut gesehen weitaus weniger Ex-Nazis waren als diejenigen, die nach dem Krieg bequemerweise die Farbe gewechselt und einen Platz in den hohen Rängen der “Sozialistischen Einheitspartei” [9] gefunden hatten. Andererseits nahm die Mehrheit der leitenden Techniker und ehemaligen Betriebsdirektoren, die häufig ehemalige Mitglieder der NSDAP waren und in der Regel auch Positionen in den staatsnahen Unternehmen des neuen Regimes erhalten hatten, nicht an den Demonstrationen teil.[10] Trotz der unvermeidlichen Anwesenheit einiger weniger reaktionärer Elemente war der soziale Inhalt der Berliner Unruhen also unwiderlegbar und eindeutig proletarisch.
Der proletarisch-soziale Inhalt des Aufstandes kann auch nicht dadurch in Frage gestellt werden, dass die Demonstranten die roten Fahnen der UdSSR herabließen, um die schwarz-rot-goldene Trikolore der Bundesrepublik Deutschland zu hissen. Wenn die Ostberliner Arbeiter die rote Fahne heruntergerissen haben, dann nur wegen des Schlamms, mit dem der Stalinismus die echten Farben des proletarischen Kampfes beschmutzt hat.
Leider – und es wäre schlimm, dies zu verschweigen, indem man eine notwendige Kritik in reine Apologetik verwandelt – war der Berliner Arbeiteraufstand von 1953 objektiv und subjektiv in Grenzen eingeschlossen, die er aus sich heraus nicht überwinden konnte.
Objektiv betrachtet hätte ein siegreicher proletarischer Aufstand gegen die bewaffneten Kräfte der DDR, eine Berliner Kommune – die eine solche jenseits aller Übertreibungen nur hätte sein können, wenn das Proletariat den kapitalistischen Staat gestürzt und durch eigene Selbstverwaltungsorgane ersetzt hätte – die in Jalta ratifizierte imperialistische Teilung sofort in Frage gestellt, und die imperialistischen Mächte auf beiden Seiten eines mehr als “eisernen” Vorhangs dazu gezwungen, die bürgerliche Ordnung in den Gebieten der östlichen Briganten schnell und militärisch wiederherzustellen.
Diese Möglichkeit war jedoch leider nur eine Schimäre, da die ostdeutschen Arbeiter von Anfang an und unter Bedingungen extremer politischer (und damit militärischer) Schwäche nicht nur der herrschenden Klasse im Inland und ihrem Staat, sondern auch den in Deutschland stationierten Besatzungstruppen des russischen Imperialismus gegenüberstanden.
In diesem Kontext war die “Solidarität” der westlichen imperialistischen Demokratien mit dem Ostberliner Aufstand ganz und gar der normalen Dynamik der Auseinandersetzungen zwischen den imperialistischen Mächten geschuldet, aber auch eindeutig durch die konkreten Möglichkeiten der Bewegung selbst bedingt: Solange der Protest der russischen Macht Schwierigkeiten bereitete, ohne an ihren Grundfesten zu kratzen, war er als “heiliger” Kampf für “Freiheit und Demokratie” zu bejubeln; sollte er diese Grenzen überschreiten und in eine deutsche proletarische Revolution umzuschlagen drohen, würde die verbale Solidarität mit den deutschen Proletariern schlagartig ihren Gegenstand wechseln, indem sie sich dem Land des “verwirklichten Sozialismus” zuwendet und möglicherweise operativ wird. Es gab keine internationale Situation, die einen dauerhaften revolutionären Sieg ermöglichte. Die Mächte des Imperialismus, die sich Deutschland teilen, sind fest verankert und erkennen trotz der Propaganda des Kalten Krieges den Einflussbereich des jeweils anderen an. Trotz der Rhetorik und der offiziellen Erklärungen, trotz der Ideologie der Protagonisten selbst, gab es keine wirkliche Opposition zwischen dem amerikanischen und dem russischen Kapitalismus, um Deutschland geteilt zu halten, und wenn die ostdeutschen Proletarier zu weit gegangen wären, hätte die russisch-amerikanische Reaktion den Kalten Krieg bald vergessen und sich daran gemacht, den Arbeitern einen heißen Frieden aufzuzwingen, so heiß wie Haubitzen Blei.
Es ist kein Zufall, dass die verkommene westdeutsche Sozialdemokratie, getreu ihrem eigenen Wesen und ihren Traditionen, unter den Westberliner Arbeitern Wasser auf die Mühlen goss, indem sie keinen Generalstreik ausrief, Partei- und Gewerkschaftsmitglieder davon abhielt, in den Osten zu reisen und effektiv verhinderte, dass die viel beschworene und platonische Solidarität für imperialistische Zwecke in eine viel substanziellere Klassensolidarität aller deutschen Arbeiter umgewandelt wurde.
Es ist auch kein Zufall, dass der einzige praktische Akt der “Solidarität” der amerikanischen Macht gegenüber den “Freiheitskämpfern” in Ost-Berlin erst nach der Repression mit den so genannten “Geschenkverpackungen” erfolgte, was Bordiga sehr scharfsinnig als “den neuesten Schwindel und jesuitischen Kunstgriff der kapitalistischen Welttechnik und Konservierung” [11] definierte.
Zwischen Juli und Oktober 1953 wurden 5,5 Millionen Lebensmittelpakete kostenlos an ostdeutsche Bürger geliefert, die sich in den Verteilungszentren in West-Berlin einfanden, und obwohl die DDR-Regierung verschiedene Hindernisse für den Zustrom in den Westsektor errichtet hatte, wurden keine Lastwagen der Volkspolizei oder russische Panzer eingesetzt, um die Menschenmassen, die für die Hilfe anstanden, auseinanderzutreiben. Kein Wunder. Die Lebensmittelpakete deckten objektiv die Produktionsschwierigkeiten des fragilen ostdeutschen Staatskapitalismus und trugen zu seiner Stabilisierung bei, wodurch der Druck, der zu den Ursachen des Juni-Aufstandes gehörte, gemindert wurde. Dies zeigt, dass die einzige Schwachstelle, die bestimmte Formen der freiwilligen Solidarität beheben, die des Kapitalismus in einer kritischen Situation ist – dessen Stabilität sie wiederherzustellen helfen -, wenn es sich nicht um die Konstruktion von Vertrauensbeweisen durch opportunistische und sozialimperialistische Organisationen handelt, die sie der herrschenden Klasse und ihrem Staat vorlegen.
Mit Blick auf den Aufstand vom Juni 1953 können wir feststellen, dass eine proletarische Revolution in Deutschland nicht nur objektiv, sondern auch aus der Sicht der Klassensubjektivität nicht im Bereich des Möglichen lag. Das deutsche Proletariat war seit mindestens zwanzig Jahren jeder Form von organisiertem Bewusstsein beraubt, seine bewussten Vorreiter waren durch den Nationalsozialismus und den Stalinismus ausgelöscht worden, und es konnte seine eigene unverzichtbare klassenbasierte politische Organisation sicherlich nicht innerhalb weniger Tage auf der Welle einer spontanen Bewegung wieder aufbauen.
Einige Götzendiener des “spontanen Kampfes, der aus sich selbst heraus Bewusstsein schafft”, wollten in der Dynamik des Berliner Arbeiterkampfes, der vom rein wirtschaftlichen zum politischen Kampf überging, die Bestätigung ihrer kleinbürgerlichen Illusionen sehen. Der Ostberliner Aufstand beweist durch seine tragische, aber unbestreitbare Niederlage – leider zum x-ten Mal – unzweifelhaft die marxistische Annahme, dass es “ohne revolutionäre Theorie keine revolutionäre Bewegung geben kann”, dass eine organisierte politische Avantgarde des Proletariats ein unverzichtbares Element des revolutionären Prozesses ist. Ein Element, das Teil dieses Prozesses ist und auf das der Prozess selbst nicht verzichten kann, wenn er revolutionär sein soll. War die Leugnung der Funktion des organisierten Bewusstseins des Proletariats, der revolutionären Partei, durch die historische Realität bereits weitgehend widerlegt, so hat der Arbeiteraufstand in Ostdeutschland 1953 diese Vorstellung endgültig in das Reich der Märchen [12] verwiesen, der für das Proletariat gefährlichen Fabeln, der Fabeln, die die herrschende Klasse dem Proletariat gerne erzählt.
Der wissenschaftliche Sozialismus, der anerkennt, dass der wirtschaftliche Kampf spontan in einen politischen Kampf umschlagen kann, behauptet dennoch die Notwendigkeit eines organisierten theoretischen Bewusstseins, das der ideologischen und politischen Konditionierung der herrschenden Klasse wirksam und ständig entgegenwirken kann, damit dieser politische Kampf des Proletariats nicht in einen bürgerlichen politischen Kampf des Proletariats umschlägt.
Der Klassencharakter des Kampfes, die Klassenforderungen, die das Proletariat zum Kampf bewegen, reichen an sich nicht aus, um zu gewährleisten, dass dieser Kampf nicht von der Bourgeoisie oder ihren Fraktionen angefochten wird. Selbst die Dynamik der höchsten Organisationsformen, mit denen sich das Proletariat historisch – bis zu einem gewissen Grad spontan – im Verlauf bestimmter revolutionärer Krisen ausgestattet hat, wie z.B. die Arbeiterräte, hat gezeigt, dass dieselben Organe trotz ihres Ursprungs und ihrer Funktion von den bürgerlichen Arbeiterparteien durchdrungen und bis zur Selbstunterdrückung deformiert werden können. Und dennoch gibt es trotz aller Lehren aus der Geschichte der Arbeiterbewegung immer noch diejenigen, die sich als “authentische” Revolutionäre darstellen, insofern sie “parteifeindlich” sind, und als Lösung gegen ein solches Ergebnis die Verherrlichung der Räte im Gegensatz zur Klassenpartei vorschlagen, den Ausschluss jeglicher Partei aus den Arbeiterräten, die aber genau wie eine Partei agiert, eine Partei, die, anstatt sich dem Eindringen der bürgerlichen Parteien in die Arbeiterorgane zu widersetzen, es erleichtert und die revolutionäre Klassenpartei schwächt, die sich offen als solche bekennt und als solche agiert. Anstatt Organisation gegen Organisation auszuspielen, wie es die Ebene der Klassenkonfrontation erfordert, wird der Klassenfeind in der Organisation selbst identifiziert. Eine ausgezeichnete Methode, um die Klasse gegenüber ihrem wahren Feind zu entwaffnen.
Im Juni 1953 zahlte das Proletariat in Deutschland einen hohen Preis für das Fehlen eines organisierten theoretischen Bewusstseins. Nicht so sehr wegen einer objektiv gegebenen Niederlage und auch nicht wegen der Zahl der Opfer der bürgerlichen Repression, sondern weil diese große Erfahrung und diese Niederlage in Ermangelung einer Partei, die alle Lehren daraus zog, entwickelte und bewahrte, nichts in der deutschen Arbeiterklasse sedimentierte.
In Ermangelung einer Partei knüpften die Aufständischen keine Verbindungen zwischen den zahlreichen landesweiten Streikkomitees, die Arbeiter organisierten keine eigene Bewaffnung, die Verbrüderung mit deutschen und russischen Soldaten wurde nicht organisiert, auch wenn diese in mehreren Fällen auf der Seite der Aufständischen standen. Da nur eine kleine und unorganisierte Minderheit auf eine “Regierung der revolutionären Arbeiter” hoffte, während die Mehrheit der politischen Forderungen in der Bewegung nicht über die Forderung nach dem Rücktritt der Regierung hinausging, war es offensichtlich, dass da es keinen Vorschlag gab, die Diktatur des Staatskapitals zu stürzen und durch die Diktatur des Proletariats zu ersetzen, blieb als einzige Alternative die deutsche Wiedervereinigung, vorzugsweise unter einer sozialdemokratischen Regierung,[13] d.h., um es klar zu sagen, eine bürgerliche politische Forderung des Proletariats.
Gerade wenn der wirtschaftliche Kampf des Proletariats politische Fragen aufwirft, entsteht die Notwendigkeit eines organisierten theoretischen Bewusstseins, das nicht von heute auf morgen entstehen kann. Eine spontane Bewegung des Proletariats, die nicht sofort unterdrückt wird, wird ebenso spontan absterben, wenn ihr eine klare Perspektive fehlt, eine Perspektive, die ihr nur von einer Klassenpartei oder der herrschenden bürgerlichen Ideologie gegeben werden kann.
Die Arbeiter in Ost-Berlin bewegten sich mit großem Heldentum und Großmut unter dem Antrieb materieller Bestimmungen, ohne eine klare Vorstellung davon zu haben, warum sie so handelten, wie sie handelten, und ohne auch nur genügend Zeit zu haben, um die Bedeutung ihres Kampfes im Verlauf des Kampfes selbst zumindest teilweise zu verstehen. Die Bewusstseinsstufen innerhalb einer kämpfenden Klasse sind immer am ungleichsten, und der Kampf selbst reicht nicht aus, um sie zu vereinen. Gerade deshalb entsteht die Notwendigkeit einer Organisation des Proletariats, die nicht gleichgültig in der Klasse verankert ist, sondern die jene organisatorische Unterscheidung aufrechterhält, die notwendig ist, um das Niveau des theoretischen Bewusstseins des am weitesten fortgeschrittenen Teils der Klasse selbst zu bewahren, und die als Katalysator für die elementaren Antriebe der Klasse als Ganzes wirkt. Nur so zeigen die Kommunisten wirklich, dass sie “der entschiedenste und vorwärtsdrängendste Teil der Arbeiterparteien aller Länder” sind und dass sie “vom theoretischen Standpunkt aus” “gegenüber der übrigen Masse des Proletariats den Vorteil haben, die Bedingungen, den Verlauf und die allgemeinen Ergebnisse der proletarischen Bewegung voll zu verstehen”.[14]
Das organisierte theoretische Bewusstsein schafft keine revolutionären Situationen aus dem Nichts, aber es kann eine revolutionäre Situation in eine Revolution verwandeln, indem es dem Proletariat seine Handlungen verdeutlicht und sicherstellt, dass die neuen Organismen, die aus der unbestreitbaren schöpferischen Fähigkeit des Proletariats in revolutionären Situationen entstanden sind, ihren Klassencharakter behalten und nicht entstellt werden.
Die unbestreitbare Tatsache, dass die Partei aus den Kämpfen lernen muss, dass sie “den Puls der Massen fühlen” muss, dass “der Erzieher erzogen werden muss”, lässt die Rolle des Erziehers nicht verschwinden. Ein Erzieher, der nichts weiter als den fortgeschrittensten Teil der Klasse repräsentiert und daher ein Selbsterzieher ist. Das Wort “Erziehung” kann nur bei denjenigen liebevolle Abscheu hervorrufen, die das Proletariat indoktrinieren wollen, ohne sich selbst den Anschein zu geben, dies zu tun; nur bei denjenigen, die zwar postulieren, dass das Proletariat keinen Erzieher braucht, aber dennoch nicht aufhören, dem Proletariat ihre Vorstellung von dem aufzuzwingen, was es sein und was es tun soll, indem sie es auf ihre Weise “erziehen” – oder vielleicht des-erziehen -. Ein Weg jedoch, der das Proletariat regelmäßig zu blutigen Niederlagen führt, für die die Des-erzieher selten selbst bezahlen. Im marxistischen Sinne deckt sich die Bedeutung des Wortes erziehen mit seinem Etymon: herausziehen. Durch die Begegnung mit der Klassentheorie ziehen die fortgeschritteneren Proletarier ihr Selbstbewusstsein und ihre Stellung innerhalb der gesellschaftlichen Verhältnisse heraus, verfeinern es, entwickeln es und organisieren es in einer Partei. Es geht also nicht darum, ein leeres Gefäß zu füllen, es geht darum, die eigenen Kämpfe, ihre Bedingungen, ihren Weg, ihre Ergebnisse zu verstehen.
Wie sehr dieses Verständnis bei den tapferen Proletariern in Ost-Berlin fehlte, lässt sich kaum treffender ausdrücken als mit den Worten eines Fabrikarbeiters aus dem russischen Sektor, der am Aufstand teilnahm: “Es war katastrophal, dass es keine Organisation oder so etwas gab. In unserem Bereich waren wir alle Leute, die noch nie gestreikt hatten. Alles war improvisiert. Wir hatten keine Verbindungen zu anderen Städten oder Fabriken. Wir wussten nicht, wo wir anfangen sollten. Aber wir waren voller Freude darüber, dass die Dinge so waren, wie sie waren”.[1] Leider verwandelte sich diese gesunde Freude bald in ahnungslose Niedergeschlagenheit und Verzweiflung, da es keine Perspektiven mehr gab. Es ist die Aufgabe der Kommunisten, bis zum bitteren Ende dafür zu kämpfen, dass dies nie wieder geschieht.
Fußnoten
[1] Siehe C. Brendel, The Working Class Uprising in East-Germany – June 1953, Echanges et Mouvement, London, IV, 6, XX. Dies ist ein Pamphlet der niederländischen Räte-isten, das wir als eine wichtige Quelle verwenden, ohne seine allgemeinen politischen Einschätzungen zu teilen.
[2] Ibidem.
[3] Die “Arbeiterregierung” nahm die Erhöhung der Produktionsquoten auf 10 % zurück, erhöhte aber die “Prämien” für diejenigen, die sie “freiwillig” überschritten, was nichts anderes bedeutete als eine allgemeine Intensivierung der Arbeit, um die notwendige “Prämie” zu erhalten.
[4] G. Knopp, Der Aufstand – 17. Juni 1953, Hoffmann und Campe, Berlin, 2003, S. 183.
[5] C. Brendel, a.a.O.
[6] Ibidem.
[7] Ibidem.
[8] Stefanie Wahl, Die Folgen des Aufstandes, auf bpb.de, Bundeszentrale für politische Bildung, 17. Mai 2013.
[9] Die Entnazifizierung in der “antifaschistischen” DDR war ebenso “Augenwischerei” wie in der Bundesrepublik, wenn es zutrifft, “dass es laut zahlreicher Parteidokumente bis weit in die 1960er Jahre hinein zahlreiche Alt-Nazis und braune Kameraden in der SED gab. Nach einer parteiinternen Analyse von 1954 waren 25,8 Prozent der Parteimitglieder in der gesamten Republik mit der NS-Vergangenheit belastet. Im SED-Bezirk Magdeburg war jeder Vierte ein ehemaliger Nazi, in den Bezirken Halle und Erfurt war sogar jeder Dritte ein “Genosse”. In einigen Parteiorganisationen machen ehemalige Nazis laut SED-Statistik mehr als 85% der Mitglieder aus”. Für ehrliche Zusammenarbeit, Der Spiegel, Nr. 19, 1994.
[10] “Die Orts-, Betriebs- und Kreisleitungen der SED bestanden in den Gründungsjahren der DDR oft mehrheitlich aus alten Nazis. “Eine Analyse der Situation in den Basisorganisationen ergab, dass derzeit keine anderen Führungen gebildet werden konnten”, heißt es in einem Partei-Umfragebericht von 1953. […] Eine SED-interne Analyse der Situation im Magdeburger Ernst-Thälmann-Werk von 1953 berichtet: ‘Hier erstreckt sich die ehemalige NSDAP-Mitgliedschaft auf alle einflussreichen Positionen im Betrieb, angefangen vom Betriebsleiter, seinen Stellvertretern, Direktoren, Assistenten, Disponenten, Lohnbuchhaltern und Oberbuchhaltern bis hinunter zum Sachbearbeiter’.” Ebd.
[11] Berlino dalla rivolta proletaria alla guerra dei pacchi, Il Programma Comunista, n. 15, 1953.
[12] Wir verwerfen die Grundthese der Broschüre von C. Brendel, Der Aufstand der Arbeiterklasse in Ostdeutschland – Juni 1953, in der die Stalinisten mit einer offensichtlichen und beharrlichen Selbstgefälligkeit, die an Bösgläubigkeit grenzt, als “Bolschewiken” bezeichnet werden, wobei das Wort mit der gleichen Verachtung gebraucht wird, mit der es seit mehr als hundert Jahren aus den geschwungenen Lippen reaktionärer bürgerlicher Intellektueller kommt.
[13] “Die Eisenbahner in Magdeburg malten in großen weißen Buchstaben auf alle Waggons des Rangierbahnhofs: ‘Nicht Ulbricht, nicht Adenauer, sondern Ollenhauer'”. Ollenhauer war der Vorsitzende der Sozialdemokratischen Partei in der BRD. Vgl. a.a.O.
[14] Vgl. K. Marx – F. Engels, Manifesto del partito comunista, Lotta Comunista, Mailand, 1998, S. 41.
[15] C. Brendel, Der Aufstand der Arbeiterklasse in Ostdeutschland – Juni 1953.
